9 Hauptbahnhof

Kerndaten:
Titel des Objekts: Hauptbahnhof
Adresse: Bahnhofsstraße 33
Datierung: 1907
Architekt: Julius Eugen Ruhl, Alois Holtmeyer

Eventuell wirst du der Bezeichnung „Champagnerbahnhof“ schon begegnet sein. Und dann hast du dich sicherlich gefragt, was dahinter steckt. Ein Gerücht aus der Gründungszeit des Hauptbahnhofes wird hierfür wohl verantwortlich sein. Bei den Verhandlungen um den Standort standen für die Stadtbewohner zwei Orte zur Wahl: Weidenhausen oder das Elisabethtor. Und, wie glaubst du, ging die Wahl aus? Die Menge entschied sich für Weidenhausen – egal, denn das Ministerium entschied sich einfach für einen dritten Ort, und zwar für das Nordviertel. Diese Entscheidung soll der ein oder andere Tropfen Champagner beeinflusst haben. Als der Beschluss feststand, kam es im Jahr 1850 unter Aufsicht des Kasseler Architekten Julius Eugen Ruhl und zwei Ingenieuren zum Bau des Empfangsgebäudes sowie den weiteren Gebäuden der Bahnhofsanlage in den Folgejahren. Durch den Anschluss Marburgs an die Main-Weser-Bahn wurde eine einfachere Ausdehnung der kleinen Stadt ermöglicht. 



Bei dem Bau des ersten Empfangsgebäudes hat man sich, einheitlich zu den weiteren Bahnhöfen der Main-Weser-Bahn, am Rundbogenstil orientiert. Die Fassade bestand aus rotem Backstein und den in Sandstein gearbeiteten Fenstergesimsen, sowie aus gebranntem Ton geformten Tür- und Fensterarchivolten

Für die wirtschaftliche Bedeutung der Stadt Marburg galt die Empfangshalle als zu groß, wodurch sie sich von den weiteren Bauten der näheren Umgebung deutlich unterschied. Ihre Größe wurde durch jedoch durch die Lage Marburgs – mittig zwischen Kassel und Frankfurt – gerechtfertigt, wodurch sie ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt sei. 

Die Anlage des Bahnhofs unterlag im Verlauf der Zeit durch die Entwicklung der Technik vielen Veränderungen und Erweiterungen und auch kriegsbedingten Zerstörungen. 57 Jahre nach der Errichtung wurde das Empfangsgebäude durch den heute vorhandenen Neubau ersetzt, welcher unter Leitung des Architekten Holtmeyer entstand. Während der frühere Bau der Formsprache der Industriearchitektur entsprach, wird dir beim Betrachten des neuen Baus auffallen, dass er sich von dessen Strenge und Sachlichkeit unterscheidet. Ein Massivbau betont den städtischen Charakter und eine schlossartige, repräsentative Gestaltung vor allem der Außenfassade in Stadtrichtung. Der Neubau ist ungewöhnlicherweise im Ausmaß wesentlich kleiner als sein Vorgänger. Durch die weitgehende Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau des Empfangsgebäudes wird der Größenunterschied zum Vorgänger noch einmal gesteigert, da der krönende Dachreiter des Mitteltrakts nicht mehr vorhanden ist.


Heute steht das Bahnhofsgebäude zwar unter Denkmalschutz, wird aber seit dem Jahr 2009 bis voraussichtlich 2014 grundsaniert und barrierefrei umstrukturiert. Auch der jeher als ungünstig betrachtete oder eigentlich kaum vorhandene Bahnhofsvorplatz wird nun in einem achtzehnmonatigen Bauprojekt ausgebaut und verbessert.

Durch den Bau des Bahnhofs im damals baulich  schwach entwickelten Nordviertel war dieser in der ersten Zeit seiner Existenz isoliert von der Kernstadt. Der Ausbau des industriellen Nordviertels geschah nur sehr langsam und der Bereich um die Bahnhofstraße wurde erst nach langer Zeit vollständig bebaut. Um eine Verbindung von Innenstadt (Markt) und Hauptbahnhof zu gewährleisten, entschloss man sich Ende des 19. Jahrhunderts dazu, einen Pferdeomnibus einzuführen. Dieser wurde im Jahr 1903 durch eine Pferdestraßenbahn für die Verbindung von Südviertel (Wilhelmsplatz) und Hauptbahnhof abgelöst. Eine Fahrt kostete damals 10 Pfennig bei Erwachsenen und sogar nur die Hälfte bei Kindern – zu heutiger Zeit fast unvorstellbar! 1911 erfolgte dann die elektrische Straßenbahn, mit welcher man ab den 30er Jahren, sogar bis zum Südbahnhof fahren konnte. Die Straßenbahn wurde leider nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1951 abgeschafft, bedingt durch Zerstörung und die hohen Instandhaltungskosten.

Der Südbahnhof wurde im Jahr 1897 zusätzlich zum Hauptbahnhof im Südviertel eingeweiht. 

Birte Dohlen



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