11 Jägerkaserne und Garnisonsbauten


Kerndaten:
Titel des Artikels: Alte Jägerkaserne und andere Garnisonsbauten
Titel des Objekts: Alte Jägerkaserne
Adresse: Gutenbergstr. 18
Datierung: 1867 – 1869
Baumeister: Stadtbaumeister Philipp Soff
Titel des Artikels: Alte Jägerkaserne und andere Garnisonsbauten
Titel des Objekts: neuere Kasernen
Adresse: Frankfurter Straße, Kämpfrasen, Software Center
Datierung: 1905 - 1933
Bemerkenswert:
1. 1776 schließt Landgraf Friedrich II. mit dem König von England einen Vertrag über die Lieferung von 12.000 hessischen Soldaten zum Einsatz gegen die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung ab. Verluste sollten dabei durch Nachlieferungen ersetzt  werden und der König zahlt für jeden Mann 50 Taler an Werbegeld und 125 Taler an jährlichen Subsidien. Dieser Subsidien Vertrag wird historisch als sehr heikel bewertet.
2. Die „Morde von Mechterstädt“ an 15 Arbeitern beging am 25. März 1920 das republiktreue Studentenkorps Marburg (StuKoMa) mit Waffen aus den Kasernen. Gestartet haben sie ihre Tat auf dem Kämpfrasen, der damals noch Versammlungsplatz war.

Begibst du dich nun vom Stadtkern auf der Frankfurter Straße kommend in Marburgs schönes und grünes Südviertel, so stößt du recht bald auf einige Gebäude, die sich in ihrer Bauart von den übrigen Bauten abheben. Dabei handelt es sich um mehrere ehemalige Garnisonsbauten, die sich inmitten der hübschen für den Stadtteil typischen Wohnarchitektur befinden. Bemerkenswert ist dabei, dass die Kasernen den Anfang der baulichen Erschließung dieses Stadtbereiches darstellen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war diese Fläche immerhin noch überwiegend feuchtes Gartenland. Die Bebauung schloss sich an den allgemeinen Bauboom in Marburg gegen Ende des 19. Jahrhunderts an. Seinen Anfang fand der Bau der Alten Jägerkaserne mit der Eingliederung Kurhessens und somit auch Marburgs in Preußen im Jahr 1866. Auch wenn Marburg im 19. Jahrhundert nicht mehr als Festung fungierte, blieb es dennoch Garnisonsstadt und so kam es, dass 1866 Jägerbataillone in ihr einquartiert wurden. Im Zuge
dessen wurde das eigentlich erste Garnisonsgebäude errichtet, das heute als ehemalige Alte Jägerkaserne bekannt ist. Das rötliche Sandsteingebäude war ursprünglich nur dreiflügelig und nach Norden hin zur Stadt offen. Wenn du es nun einmal umrundest, wirst du aber feststellen, dass es durch Anbauten ergänzt wurde. Ein verputzter Zwischenteil schließt nun den Innenhof komplett ein, außerdem wurde an den Ostflügel angebaut. Diese jüngeren Teile des Gebäudes sind offensichtlich nicht aus Sandstein gebaut, sondern verputzt und in einem ähnlichen Ton gestrichen. Gelangst du nun zurück zum Portal, so siehst du zunächst die drei Rundbögen im Mittelrisalit, die den überdachten Vorraum des Eingangs abgrenzen. Tritt wieder einen Schritt zurück, um den Risalit genauer zu betrachten. Der fünfstöckige Teil ist mit markanten Eckpfeilern in Form von Strebepfeilern vom restlichen Gebäude abgegrenzt. Das Dachgeschoss wird auf Vorder- und Rückseite durch ein segmentbogiges Doppelfenster und Rundfenster beleuchtet. Dem restlichen Dachgeschoss sind dagegen Giebelgauben aufgesetzt. Gestützt und zugleich verziert ist die Fassade mit drei bzw. fünf Reihen von ornamentalen Mauer- und Zugankern. Der Sockel der gesamten Kaserne ist über große grob behauene Steinblöcke von den übrigen glatten, kleineren Sandsteinen der Wände baulich abgesetzt. Der Platz vor dem Portal diente früher als Exerzierplatz. Bei der Umrundung der Jägerkaserne ist dir vielleicht eine Tafel am südlichen Flügel aufgefallen. Sie erinnert an Professor Heinrich Düker (1898-1986), der in der Jägerkaserne Psychologie lehrte und in Zeiten des Faschismus Widerstandskämpfer war. Heutzutage wird in der Alten Jägerkaserne neben Psychologie auch Bildende Kunst gelehrt. Der Platz, den die Alte Jägerkaserne bot, reichte 1905 nicht mehr aus, sodass neue Kasernen im historistischen Stil auf der gegenüberliegenden Seite an der Frankfurter Straße gebaut wurden. Auf der Westseite entstanden außerdem einzelne Militärgebäude, die sich durch den weißen Putz, die Rahmungen aus Sandstein und der allgemein dekorativeren Art von der Alten Jägerkaserne und den Neuen Kasernen abheben. Wenn du weiter durch das Südviertel schlenderst, werden dir bestimmt noch andere ähnliche Gebäude auffallen. 1933 begann man weitere Kasernengebäude zu bauen, um so wieder neue Bataillone nach Marburg zu bekommen. Diese Bauten erstrecken sich in unmittelbarer Nähe zur Alten Jägerkaserne zu beiden Seiten der Frankfurter Straße, daneben wurden im Stadtwald die Tannenbergkasernen errichtet, die heute größtenteils als Wohnraum dienen. Die neuen Kasernen an der Frankfurter Straße und am Software Center heben sich in ihrer Bauweise deutlich von den Bauten des Kaiserreiches ab. Sie sind zweckmäßig und schlicht gehalten. Das Pförtnerhäuschen und die ehemalige Militärturnhalle sind noch erhalten, wohingegen die Reithalle für Wohnraum abgerissen wurde. Wenn man in Richtung des Kämpfrasens geht kommt man an einem Militärdenkmal vorbei, dass den Deserteuren des Zweiten Weltkrieges gewidmet ist. Das letzte Jägerbataillon wurde 1919 aufgelöst, die späteren stationierten Truppen gehörten anderen Regimentern an. Wenn du dir die Garnisonsbauten nun angeschaut hast und vielleicht versucht hast dir die Kasernen in ihrer ursprünglichen Nutzung vorzustellen, dann lohnt es sich unbedingt auch noch den Rest des Südviertels zu erkunden. Ruhe und Erholung findest du sicherlich im Friedrichsplatz oder in einem der netten Cafés. Und denk daran, dass nahezu der gesamte Bereich zu Zeiten des Baus der Alten Jägerkaserne noch nicht bebaut war. 

Sarah Jawaid