24 Hessisches Staatsarchiv am Friedrichsplatz

Kerndaten:
Titel des Objekts: Hessisches Staatsarchiv
Adresse: Friedrichsplatz 15
Datierung: 1935–38
Architekten: Alfred Henrich & Konrad Nonn
Bemerkenswert: Ein nahezu unveränderter Bau aus der Zeit des Nationalsozialismus

    Am Friedrichsplatz, dem zentralen Platz des durch kaiserzeitliche Wohnbebauung geprägten Südviertels, steht das Gebäude des Hessischen Staatsarchivs, der einzige deutsche Archivneubau aus der Zeit des Nationalsozialismus. Das Hessische Staatsarchiv war seit 1870 im Marburger Schloss untergebracht. Um 1930 zeigte sich jedoch, dass diese Räumlichkeiten zu klein und darüber hinaus teilweise feucht waren. 1929 begannen deshalb die Planungen für einen Neubau in der Südstadt. Ende 1934 lagen schließlich mehrere Vorentwürfe für das Gebäude am damals Adolf-Hitler-Platz genannten Friedrichsplatz vor.

    Verantwortlich waren Alfred Henrich und Konrad Nonn. Der Bau begann im Herbst 1935. Da immer mehr Material für die Rüstung benötigt wurde, verzögerte sich die Fertigstellung, sodass das neue Archivgebäude erst am 21.10.1938 eingeweiht werden konnte. Im Krieg nur leicht beschädigt, wurde das Staatsarchiv bis zur Fertigstellung der Universtitätsbibliothek an der Wilhelm-Röpke-Straße im Jahr 1967 von dieser mitbenutzt. Der Gebäudeteil am Friedrichsplatz beherbergt die Verwaltungsräume, die sich als Dreiflügelanlage um eine zentrale Treppenhalle gruppieren. Hier befindet sich auch der Haupteingang mit seinem dorischen Säulenportikus und Balkon. Hinter einem als Feuerschneise dienenden Korridor schließen sich die drei siebenstöckigen Magazinflügel an. Diese sind als Stahlskelett errichtet, wobei die Regalböden der damaligen Praxis entsprechend direkt an den Stahlträgern eingehängt sind. Die massive vorgeblendete Steinfassade dient als Feuerschutz, die Fenster gehen über zwei Stockwerke hinweg. In diesem Fall wurden ausnahmsweise Monumentalität und Repräsentation vor den Brandschutz gestellt. Wie am Hülsenhaus von 1927 setzte man auch beim Staatsarchiv auf das Nebeneinander von rotem Sandstein, bräunlichem Putz und Schieferdächern. Im Innenraum ist besonders die repräsentative Treppenhalle hervorzuheben. In dem von Jurakalkstein und Travertin geprägten Raum tragen schlanke Pfeiler die Decke, die sich hier zu einem Oberlicht öffnet. In dessen 1945 durch einen Bombentreffer zerstörter Verglasung befand sich ursprünglich ein großes Hakenkreuz im Eichenlaubkranz mit Adlern in den Ecken. Noch immer erhalten ist hingegen das umgebende Mosaik mit einem mäandrierenden Hakenkreuzfries. Die von Otto Hupp entworfenen Reliefs verschiedener hessischer Wappen im Obergeschoss nehmen direkt Bezug auf die Geschichte Hessens und also die Bestimmung des Archivgebäudes. Die Hitlerbüste in der runden Nische über der Tür zum Magazintrakt wurde nach dem Krieg durch eine antikisierende Büste ersetzt. Das Staatsarchiv reicht in seiner Strenge nicht an nationalsozialistische Parteibauten heran, was hauptsächlich auf das recht hohe Schieferdach zurückzuführen ist. Jedoch kann das Archiv allein durch seine Dimensionen beeindrucken. In den Augen des heutigen Betrachters erschlägt es durch seine Größe die umliegenden Mietshäuser aus der Kaiserzeit. In den Dreißigern dagegen wurde es als ordnendes Element in dieser zersiedelten Gegend wahrgenommen und galt als städtebaulicher Bezugspunkt und Ruhepol. 

    Felix Oppenhoff