6 Elisabethkirche

Kerndaten:
Titel des Artikels: Die Elisabethkirche
Titel des Objekts: Elisabethkirche
Adresse: Elisabethstr. 31
Datierung: Ab 1235, Weihe 1283
Architekt/Bauherr: Deutscher Orden

Die Elisabethkirche, oder hier zu Lande auch als E-Kirche bekannt, gehört zu den wohl wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Marburg. Sie ist die erste rein gotische Kirche Deutschlands und unterscheidet sich im Aufbau stark von anderen international bekannten Kathedralen, die als Basiliken gebaut wurden. Im Gegensatz zu diesen Bauten ist die Elisabethkirche eine dreischiffige Hallenkirche, die im Osten eine Dreikonchenanlage anschließt.

Die ungarische Königstochter Elisabeth wurde im Alter von 14 Jahren mit Landgraf Ludwig IV von Thüringen verheiratet. Nach seinem Tod im Jahr 1227, vor dem Aufbruch des Kreuzfahrerheers in Unteritalien, musste die zwanzigjährige Landgrafenwitwe die Wartburg verlassen und kam schließlich 1228 nach Marburg. Sie war also wahrscheinlich nicht viel älter als Du und andere Studenten, als sie hier ankam.

An der heutigen Stelle der Elisabethkirche bestand zu Lebzeiten der verwitweten Landgräfin das von ihr gegründete Hospital St. Franziskus, in dessen Kapelle sie nach ihrem Tod zunächst beigesetzt wurde. Die Heiligsprechung der Elisabeth, welche dem päpstlichen Kreuzzugsprediger Konrad zu Marburg und nach dessen Tod den Ludowingern zu verdanken ist, fand bereits wenige Jahre nach ihrem Tod im Jahr 1235 statt.  Das Grab sowie das Franziskushospital wurden bereits 1234 an den Deutschen Orden übertragen. Die Elisabethkirche wurde daher eine der wichtigsten Wallfahrtskirchen im Abendland und wurde zudem auch eine Kirche der Deutschordensniederlassung und später Grabstätte der hessischen Landgrafen.

Am 14. August 1235 wurde der Grundstein zum Bau der Elisabethkirche gelegt.
 
Ab 1235 wurde zuerst unter Berücksichtigung des Elisabeth-Grabes die Dreikonchenanlage im Osten errichtet. Im Jahr 1236 fand die feierliche Erhebung der Gebeine und die Überführung in die Apsis der Franziskuskirche statt. Das war damals ein besonderes Event, da die Übertragung der Gebeine im Beisein des Kaisers Friedrich II., des Hochmeisters des Deutschen Ordens Hermann von Salza sowie sämtlichen deutschen Erzbischöfen stattfand. Im Jahr 1250 folgte die Übertragung der Gebeine der heiligen Elisabeth in die Nordkonche. An dieser Stelle befand sich vor der Errichtung der Elisabethkirche die von Konrad von Marburg über Elisabeths Grab begonnene und 1234 fertiggestellte Grabeskirche. Wenn Du dir das Pflaster um die Nordkonche herum genauer anschaust, kannst Du sehen, dass der Umriss dieser Franziskuskirche nachgezeichnet wurde. Die Vollendung der Langhausmauern erfolgte 1277 und die Turmfreigeschosse entstanden vermutlich schon bis 1295. Während die Türme noch Anfang des 14. Jahrhunderts im Bau waren, wurde die Gesamtweihe der Elisabethkirche bereits im Jahr 1283 vollzogen.

Ein besonderer Hingucker ist wohl die Westfassade mit der Portanlage und den Türmen. Über den Türen, die in geschlossenem Zustand das Zeichen des Deutschordens abzeichnen, befindet sich ein Tympanon, in dem man mittig die Mutter Gottes mit dem Christuskind in den Armen sieht. Die Elisabethkirche wurde eigentlich als Marienkirche errichtet und blieb es auch bis 1527, da Maria die Patronin des Deutschordens war. Zu ihren Füßen knien zwei Engel, die jeweils eine Krone halten. Umrankt werden die Figuren auf der linken Seite von Weinlaubornamenten und rechts von Rosenornamenten.

Die Türme sind generell sehr schlicht gehalten und besitzen mächtige, übers Kreuz gestellte Strebepfeiler, die oben in Fialen enden. Die Fialen der beiden Türme unterscheiden sich, da sie am südlichen Turm viereckig und am nördlichen Turm achteckig sind.
 
Die Türme sind 80 Meter hoch und besitzen im zweiten Geschoss jeweils ein Fenster. Zwischen den Türmen befindet sich ein großes Fenster, welches dem Mittelschiff als Lichtquelle dient.

Das Mauerwerk der gesamten Elisabethkirche ist aus Marburger Sandstein geformt. Die Fensteranlage der Elisabethkirche ist in zwei Geschosse unterteilt und besitzt die für den gotischen Stil charakteristischen spitzbogigen Maßwerkfenster.

Eine Besonderheit, die sich jeweils an den Stirnseiten der Konchen befindet, sind die Spitzbogenfenster, deren Maßwerk im oberen Teil anstatt eines schlichten Rundpasses einen Sechspass zeigen.

Carolin Meffert



Die Elisabethkirche von innen
Nachdem wir nun wissen, was es alles an Besonderheiten im äußeren Bereich der Kirche zu entdecken gibt, betreten wir nun deren Innenraum durch das Hauptportal.
https://ilias.uni-marburg.de/ilias.php?ref_id=693185&cmd=sendfile&cmdClass=ilrepositorygui&cmdNode=lg&baseClass=ilrepositorygui
Dies führt uns zuerst auf direktem Wege in den westlichen Teil des Langhauses - unser Blick fällt also fast automatisch auf den am Ende des Mittelschiffs gelegenen steinernen Lettner (vor 1343), der die dahinterliegende Konchenanlage inklusive der Vierung vom Langhaus trennt. Rechts und links von uns befinden sich, hinter den Pfeilerreihen, die schmaleren Seitenschiffe: das südliche bzw. nördliche Seitenschiff. Die besagten Pfeiler tragen übrigens das den Kirchenraum oben abschließende Kreuzrippengewölbe. Die heute tristen Wände waren in der Anfangszeit komplett farbig ausgeschmückt, in rosa bis hellen braunroten Tönen mit weißem Fugenstrich. Durch die Ausmalung wird der Kirchenraum ehemals einen gänzlich anderen Eindruck vermittelt haben, als wir ihn heute kennen.
Unser Rundgang durch den Sakralbau beginnt mit dem nördlichen Seitenschiff. An dessen westlichem Ende sehen wir als Erstes einen von fünf Flügelaltären, den dreiteiligen Sippenaltar. Dieser 1511 von Ludwig Juppe geschaffene Schnitzaltar zeigt die Familie Jesu. Etwas weiter im Osten, auf Höhe des Lettners befindet sich die Schnitzfigur der sogenannten Französischen Elisabeth in einem chorartigen Schrein (um 1470), sie trägt in ihrer linken Hand ein Modell der Kirche. Unser Weg führt uns weiter in den Elisabethchor, dort entdecken wir drei weitere Altäre und zwar als Erstes den Marienaltar zu unserer Linken, der um 1510 in der Werkstatt Ludwig Juppes geschaffen wurde. In die Predella ist ein steinernes Vesperbild (um 1390) integriert, erkennbar ist dort Maria, in deren Schoß der vom Kreuz abgenommene Leichnam Jesu gelegt wurde. Im geschnitzten Schrein darüber ist sie ebenfalls zu sehen, dort wird ihre Krönung durch Jesus und den Gottvater zelebriert. Nicht zu übersehen ist die Grabstätte der Heiligen Elisabeth, ein mit Wandmalereien und Reliefs verzierter Baldachin wurde um 1280 über ihrem ehemaligen Grab in der Franziskuskirche errichtet. Unten auf dem Grabmal zeigt ein Relief (um 1350/60) den Tod der Heiligen Elisabeth. Neben dem Mausoleum schließen sich an der Ostwand zwei weitere Altäre an: Links der Katharinenaltar mit seinen Wandmalereien (15. Jh.) und rechts der Elisabethaltar, auf dessen Malereien rechts neben der mittleren Kreuzigungsszene (um 1300) die zeremonielle Erhebung der Gebeine der Heiligen Elisabeth zu sehen ist (2. V. 15. Jh.). Wir verlassen nun den Elisabethchor und begeben uns zur Sakristei, in der der Elisabethschrein steht. Auf unserem Weg dorthin durchqueren wir die Vierung, in der noch immer das Chorgestühl der Ordensritter aus dem Ende des 13. Jahrhunderts aufgestellt ist.
In der Sakristei befindet sich hinter einem Eisengitter der goldene Schrein, der zur Aufnahme der Gebeine der Heiligen Elisabeth bis 1249/50 fertiggestellt wurde. Erst 1539 entnahm Landgraf Philipp der Großmütige die Reliquien. Der reich gestaltete Schrein in Form einer kreuzförmigen Kirche zeigt an den vier Stirnseiten Christus als Weltenherrscher, als Gekreuzigten (verloren), eine thronende Madonna und die Heilige Elisabeth sowie an den Längsseiten die zwölf Apostel. Auf den Dachflächen sind Szenen aus dem Leben der Heiligen zu sehen, die den Darstellungen des Elisabethfensters ähneln, das wir uns gleich noch ansehen werden. Außerhalb der Sakristei geht es zum Hochaltar, der 1290 geweiht wurde. In den drei Nischen des steinernen Retabels sind je drei Figuren aufgestellt, die in der Mitte die Muttergottes zwischen zwei Engeln, rechts weibliche Heilige und links männliche Heilige zeigen, die im 19. Jahrhundert erneuert wurden. Den oberen Abschluss des Altars bildet eine filigrane Architektur aus Wimpergen und Fialen, die mit Kreuzblumen und Krabben verziert sind. Beachtenswert sind die farbigen Fenster der Kirche: Hinter dem Hochaltar kannst du in den sechs mittleren Chorfenstern originale Glasmalereien des 13. und 14. Jahrhunderts bewundern. Die ursprüngliche Fensterausstattung des Chors wurde ab 1243 geschaffen, zu ihr zählt auch das besonders hervorzuhebende Elisabethfenster unten rechts. In der linken Fensterbahn sind Werke der Barmherzigkeit der Elisabeth zu sehen, in der rechten Fensterbahn Szenen aus dem Leben der Heiligen in Formen, die dir vom goldenen Schrein bekannt vorkommen dürften. Diese Ähnlichkeit mag auf die Verwendung gleicher Vorlagen zurückzuführen sein. Auf unserem Rundgang kommen wir nun zum Landgrafenchor, dort befand sich bis zur Reformation die Grablege der hessischen Landgrafen. Das älteste Grabmal findest du vorne in der linken Reihe, es zeigt den 1240 verstorbenen Hochmeister des Deutschen Ordens - Konrad, einen Schwager der Heiligen Elisabeth. Es wurde wohl frühestes in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts aus dem Elisabethchor hierher verlegt. Besonders hervorzuheben ist das Grabmal des 1509 verstorbenen Landgrafen Wilhelms II. Das in Alabaster ausgeführte Werk Ludwig Juppes zeigt den Landgrafen im offenen unteren Teil als von Würmen, Schlangen und Kröten zerfressenen Leichnam und auf dem Deckel noch einmal lebensnah in Ritterrüstung. Zur Linken neben den Grabstätten sind zwei weitere Flügelaltäre von Ludwig Juppe, der Johannesaltar von 1512 und der Georgs- und Martinsaltar von 1514.
Der Rückweg führt dich wieder durch den Ostteil der Kirche, der in früheren Zeiten nur für die Kleriker bestimmt war. Durch den Lettner, auf dem bis zum Bildersturm im Jahr 1619 Figuren zu sehen waren, wurde dieser Ort vom den Laien zugänglichen Teil der Kirche abgeschirmt, für sie stand der Kreuzaltar zur Verfügung. Wieder im Mittelschiff angekommen, kannst du dir das Kruzifix von Ernst Barlach ansehen, das 1931 auf diesem Altar aufgestellt wurde. Da es in der Zeit des Nationalsozialismus zur entarteten Kunst erklärt wurde, musste es 1938 entfernt werden und konnte  erst nach Kriegsende an seinen angestammten Platz zurückkehren. Auch erst nach Kriegsende kam das Grab des Ehepaars Hindenburg dazu, das sich am Westende des nördlichen Seitenschiffs, unterhalb des Nordturms befindet.
Für die Besichtigung der Kunstschätze im östlichen Teil der Kirche musst du Eintritt zahlen. Näheres dazu und über mögliche Führungen erfährst du unter www.elisabethkirche.de oder direkt vor Ort.

Anne Knott

1) Welche Pilgerwege können etwa 10 m südlich des Hauptportals begangen werden?
 


2) Finde die Accouchieranstalt und finde heraus, welchem Zweck sie diente!

Lösungen