7 Ernst-von-Hülsen-Haus

Kerndaten:
Titel des Objekts: Ernst-von-Hülsen-Haus
Adresse: Biegenstraße 11
Datierung: 1926/27
Architekt: Hubert Lütcke
Bemerkenswert: Stilistisches Unikat

    Das für Studenten der Kunstgeschichte vermutlich wichtigste Gebäude der Universität Marburg wird das Ernst-von-Hülsen-Haus sein. Es wurde 1950 nach dem Universitätskurator Ernst von Hülsen benannt, der sich zum 400. Geburtstag der Universität 1927 für die Errichtung dieses Jubiläumsbaus engagierte.

    Hier werden das Kunstgeschichtliche Institut, das Kunstmuseum Marburg, die Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte, die Gipsabgusssammlung, das Musikwissenschaftliche Institut sowie das Bildarchiv Foto Marburg miteinander vereint. Mehrere Bibliotheken wie auch Hörsäle, Seminarräume, die Diathek, Sekretariate und ein großer Konzertsaal machen dieses Haus zum Dreh- und Angelpunkt der Marburger Kunstwissenschaften.

    Das Hülsenhaus ist allerdings nicht nur in universitärer Hinsicht interessant. Seine Architektur bietet ebenfalls einige nennenswerte Besonderheiten. Das Haus wurde von Baurat Hubert Lütcke entworfen und 1926/27 erbaut. Die Anordnung der Räume erfolgte in Anlehnung an Richard Hamann, der von 1913 bis 1949 Kunstgeschichte in Marburg lehrte, das Bildarchiv Foto Marburg gründete und sich Anfang der 1920er Jahre ebenfalls für die Errichtung des Jubiläumsbaus einsetzte. Er bezeichnete das Haus als „Begriffsgefüge“ oder auch als „Gesamtkunstwerk“. Ihm zufolge sollte, kurz gesagt, eine Kombination aus öffentlichen und universitären Räumen zur theoretischen und praktischen Bildung kunstinteressierter Studenten und Privatpersonen beitragen, weshalb anfangs auch das Atelier für den akademischen Zeichenunterricht (heute Institut für Bildende Kunst) hier untergebracht war.

    Das Hülsenhaus ist ein nahezu quadratischer Blockbau mit Innenhof. Die Fassade des zur Biegenstraße orientierten Haupt- oder Museumsflügels ist in neun Achsen gegliedert, wobei die geschossübergreifenden, rechteckig gerahmten Wandfelder zurückgesetzt sind und den Eindruck eines Pfeilerportikus entstehen lassen. Die mittleren drei Achsen, zu denen eine Freitreppe hinaufführt, öffnen sich zu einer Vorhalle mit dem Eingang zum Kunstmuseum. Die bronzene Haupteingangstür ist links verziert mit einem Arbeiter, der einen Hammer in der Hand hält, und rechts mit einem Angestellten, der eine Feder, einen Block und einen weißen Kragen trägt. Diese Figuren weisen auf die Stifter dieser Bronzetür hin, nämlich die Arbeiter und die Angestellten der Universität, die durch einen Lohnabzug die Tür finanzierten. Hiermit soll verdeutlicht werden, dass sich in diesem Haus das Geistige und das Handwerkliche vereinen. Auf die Förderung des Bauprojekts durch die Provinz Hessen-Nassau verweisen die über den Fenstern des Erdgeschosses angebrachten Schlusssteine, die architektonische Wahrzeichen hessisch-nassauischer Städte darstellen. Der Innenhof des Gebäudes ist verklinkert und in seiner Mitte steht ein Brunnen. Die Fassade zum Garten hin zeichnet sich durch einen Umgang in Höhe des zweiten Obergeschosses mit schmiedeeiserner Brüstung und Eckrisaliten aus. Im Garten des Hülsenhauses steht Georg Kolbes „Kauernde“, die quasi wartend auf das Institut blickt.

    Besonders auffällig an diesem monumentalen Gebäude ist allerdings die Baudekoration: Überall sind Rundornamente aus regionalem roten Sandstein, Gitter und Laternen sowie Deckenbeleuchtungen zu finden, die alle den gleichen Stil aufweisen. Die komplette Inneneinrichtung war aufeinander abgestimmt; in der Bibliothek der Kunstgeschichte findest du heute zum Beispiel noch die Originalstühle dieser Einrichtung. Dieser fast schon expressionistisch anmutende Stil wird ironischerweise als „Marburger Zackenstil“ bezeichnet. Der Architekt wurde sogar etwas despektierlich als „Zick-Zack-Lütcke“ benannt. 

    Gehst du vom Hülsenhaus in Richtung Lahn, gelangst du über eine Brücke zur Mensa und zum Studentenwerk. Auch wenn es im Hülsenhaus selbst keinen Kiosk oder Ähnliches gibt, ist der nächste Kaffee also nicht weit. Im Sommer laden unweit des Gebäudes die Lahnwiesen zum Lernen, Sonnen und Ausspannen ein. 
    MarieTheres Krack