20 Moderne Biegenstraße


Kerndaten:
Titel des Artikels: Moderne Biegenstraße
Titel des Objekts: Katholische Pfarrkirche St. Peter und Paul
Adresse: Biegenstraße 18
Datierung: 1957–59
Architekt: Otto Linder
Bemerkenswert sind die großformatigen Glasbetonfenster über dem Eingang

St. Peter und Paul, Biegenstraße 18

Bis nach dem Zweiten Weltkrieg war St. Johannes, die „Kugelkirche“, die einzige katholische Pfarrkirche Marburgs. Eine um 1907 geplante Kirche St. Elisabeth an der Biegenstraße konnte wegen stilistischer Streitigkeiten zwischen Pfarrei und Bauamt nie errichtet werden, sodass das Gelände brachlag. Pläne für ein nationalsozialistisches Parteiforum mit Aufmarschplatz konnten kriegsbedingt ebenfalls nicht umgesetzt werden. Erst als nach dem Krieg die katholische Gemeinde in Marburg durch Heimatvertriebene erheblich wuchs, wurden die Planungen konkreter: 1952/53 entstand das Gemeindehaus, dessen Saal als provisorischer Gottesdienstraum genutzt wurde.
Der Bau der Pfarrkirche selbst wurde erst im September 1957 begonnen und knapp zwei Jahre später, im Juni 1959, den Aposteln Petrus und Paulus geweiht. Architekt war der vor allem in Süddeutschland tätige Otto Linder.
Die gewestete Kirche fällt durch ihren 43 Meter hohen freistehenden Turm mit dem markanten Wetterhahn auf. Besonders markant ist im Innenraum das Zusammenspiel von rotem Sandstein und hellem Sichtbeton. Die völlig unterschiedliche Gestaltung der beiden Seitenwände nimmt direkten Bezug auf das Patrozinium der Kirche: Die massive Steinwand auf der rechten Seite steht für Petrus und den Fels, auf dem er die Kirche gründete, während die linke Seite mit ihrem angedeuteten Seitenschiff, dem sägezahnförmigen Grundriss und der indirekten Beleuchtung den „Türöffner“ Paulus symbolisiert.
Die von Hermann Tomada gestaltete Figur des Auferstandenen Christus an der Stirnwand kam erst 1966 hinzu.

Kerndaten:
Titel des Artikels: Moderne Biegenstraße
Titel des Objekts: Hörsaalgebäude
Adresse: Biegenstraße 14
Datierung: 1960–64
Architekt: Staatliches Universitätsbauamt Marburg
Bemerkenswert: Wotruba-Relief im 2. Obergeschoss

Hörsaalgebäude, Biegenstraße 14

Links hinter der Kirche, an der Westseite des Platzes, steht das 1964 fertiggestellte Hörsaalgebäude der Philipps-Universität. Der schlichte Kubus mit seiner gläsernen Vorhangfassade besitzt in jeder seiner vier Ecken ein Treppenhaus. Durch die verbindenden Flure entsteht inselartig der Kern des Gebäudes mit seinen Hörsälen, die über keine natürliche Beleuchtung verfügen. Im zweiten Obergeschoss wird dieser Bereich einzig vom Audimax eingenommen, der über die Dachfläche des Gebäudes hinausragt.
An der Ostwand der Cafeteria im Erdgeschoss hängt das großformatige Gemälde Konzert für eine Akademie von Thomas Lange aus dem Jahr 1985. Besonders hervorzuheben ist jedoch das 32 Meter breite Relief im nördlichen Flur des zweiten Obergeschosses. Dieses Relief von 1964 gestaltete der österreichische Bildhauer Fritz Wotruba. Dreizehn menschliche Gestalten sind hier, wie für Wotruba typisch, in blockhafte Formen aufgelöst. Sie werden geradezu selbst zu Architekturen und verschmelzen mit dem Gebäude.




Kerndaten:
Titel des Artikels: Moderne Biegenstraße
Titel des Objekts: Stadthalle / Erwin-Piscator-Haus
Adresse: Biegenstraße 15
Datierung: 1967–69; Umbau ab 2013
Architekt: Werner Dierschke (ursprünglicher Bau); Architekturbüro Hess/Talhof/Kusmierz (Umbau ab 2013)
Bemerkenswert: Namensgeber Erwin Piscator


Stadthalle, Biegenstraße 15

Seit 1969 erhebt sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite das Erwin-Piscator-Haus, das sich seit Juni 2013 im Umbau befindet. 2015 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Benannt ist die Stadthalle nach dem 1893 geborenen Regisseur, Theaterleiter und -pädagogen Erwin Piscator, der in Marburg seine Schulzeit verbracht hat. Der Pionier des politischen Theaters der Weimarer Republik gründete 1939 in New York die Schauspielschule Dramatic Workshop, zu deren Schülern beispielsweise Tennessee Williams und Marlon Brando gehörten. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1951 machte er bis zu seinem Tod 1966 mit Inszenierungen von Stücken über die NS-Zeit von sich reden.



Kerndaten:
Titel des Artikels: Moderne Biegenstraße
Titel des Objekts: Löwe (Weltkriegs-Ehrenmal)
Adresse: /
Datierung: 1927
Künstler: Will Lammert (Entwurf), Karl Meisen (Ausführung)
Bemerkenswert: zweimal umgesetzt

Löwe

Mittig zwischen den drei Gebäuden steht das von Will Lammert als moderne Interpretation des Braunschweiger Löwen gestaltete und von Karl Meisen ausgeführte Ehrenmal für die in den Weltkriegen gefallenen Marburger Universitätsangehörigen. Ursprünglich am Rudolphsplatz auf einem wesentlich höheren Sockel aufgestellt, wurde das Denkmal am 29. Juli 1927, im Jubiläumsjahr der Universität, eingeweiht. Seit Fertigstellung der Stadthalle stand der Löwe neben dieser und wurde 2013 im Rahmen der Umbauarbeiten auf die gegenüberliegende Straßenseite ein zweites Mal umgesetzt.

Felix Oppenhoff